Digitalisierung

Die Digitalisierung ist abgeschlossen. Auch wenn es noch nicht überall so aussieht.

Seit langem reden wir von „neuen Medien“, dem „Medienwandel“ und der „Digitalisierung“. Doch wann ist dieser Prozess abgeschlossen? Erst wenn uns überall die Roboter begrüßen? Tatsächlich haben wir den größten Wandel längst hinter uns und Unternehmen sollten das genau so sehen.

Die Frage provoziert, doch es ist richtig sie zu stellen: Ist die Digitalisierung abgeschlossen, oder steht uns die große, digitale Revolution erst noch bevor? Tatsächlich gibt es gute Gründe davon auszugehen, dass wir jetzt im Zeitalter der Digitalität leben und sich somit das Warten auf eine wie auch immer geartete revolutionäre Veränderung erübrigt.

Doch das Wort „Digitalität“ kommt einem nicht so leicht über die Lippen und in den Medien (alten wie neuen) ist weiterhin viel von der „Digitalisierung“ die Rede. Die beiden Begriffe sind sich ziemlich ähnlich, zeigen aber einen entscheidenden Unterschied: Während bei der Digitalisierung davon ausgegangen werden kann, dass ein Prozess beschrieben wird, mein Digitalität eher etwas statisches, vielleicht sogar fertiges.

Digitalisierung meint den technischen Prozess, bei dem ehemalig analoge Medien digitalisiert werden. Es ist das Prozesshafte, das Digitalisierung von Digitalität unterscheidet.

Auf diesen Unterschied aufmerksam wurde ich überhaupt erst bei Philippe Wampfler, der sich wiederum auf Beat Döbeli Honegger bezieht. Letzterer hat dazu eine Grafik entwickelt, die ich hier mit seiner freundlichen Einwilligung wiedergebe:

Im Kern geht darum, eine andere Perspektive einzunehmen. Anstatt immer nur das Prozesshafte und Künftige der Digitalisierung zu sehen, kann es sich lohnen, von der Digitalität als einer Realität und „faktischen Gegebenheit“ auszugehen.

Speziell Unternehmen können davon profitieren, diesen anderen Blickwinkel einzunehmen, weil sie dann vielleicht feststellen, dass ihr Handlungsdruck viel größer wird: Wenn die postdigitale Gesellschaft bereits erreicht ist, sieht man unter Umständen einen Nachholbedarf sehr viel deutlicher, als wenn man immer weiter davon ausgeht, dass der revolutionäre Knall erst noch bevorsteht (und man so weiter gelassen abwarten kann).

Dabei steht die Digitalität nicht im Widerspruch zur Tatsache, dass es in vielen Bereichen noch Entwicklungsbedarf gibt. Dazu Beat Döbeli Honegger:

An vielen Orten in unserer Gesellschaft nutzen wir Digitaltechnologie bisher nur zur Effizienzsteigerung alter Abläufe. Wir haben weder die technologischen Potenziale ausgeschöpft, noch unsere Handlungsabläufe verändert.

Das trifft den Nagel auf den Kopf, wenn man sich beispielsweise das Marketing mittelständischer Unternehmen näher ansieht. Sehr viele arbeiten hier nach wie vor in althergebrachten, analogen Mustern und haben allenfalls partiell Digitaltechniken bzw. neue Medien in ihre Arbeit integriert.

Warum ist das so? Woher kommt das zögerliche, stellenweise sogar ablehnende, Verhalten? Ein Punkt ist sicher, dass wir kein klares Bild von der Digitalität als Wunschzustand oder Ideal haben. Wir wissen schlicht nicht, wie eine vollständig digitalisierte Gesellschaft aussehen bzw. wie sich das in den verschiedenen Lebensbereichen äußern wird.

Um aber nicht unnötig lange in veralteten Denkmustern zu verharren, sollten Unternehmen für ihr strategisches Denken und Planen davon ausgehen, dass die Digitalität inzwischen Realität geworden ist. Das eröffnet eine Menge Chancen und Möglichkeiten, weil einzelne Akteure hier Vorteile als „Early Adopter“ erzielen können, was sich in Marktanteilsgewinnen, höheren Umsätzen, besseren Margen und einer wachsenden Reputation äußern kann.

Dabei darf die Digitalisierung bzw. Digitalität durchaus weit gefasst verstanden werden, wie eine Beschreibung von Felix Stalder zeigt:

Digitalisierung steht nicht bloß für Phänomene wie Automatisierung oder digitale Massenkommunikation, sondern viel grundlegender für einen Wandel unserer Lebenswelt, der auch unser Selbstverständnis und das Verständnis von Gesellschaft insgesamt betrifft.

In diesem Sinne könnte man sich fragen, wie man es Kunden bzw. Interessenten leichter machen kann, mit einem Unternehmen in Kontakt zu treten und zu bleiben. Wo lernt der potenzielle Kunde ein Unternehmen am bequemsten kennen? Kann man Vertrauen auch über digitale Kanäle aufbauen? Welche digitalen „Touchpoints“ würden Kunden gut finden? Wie weit lässt sich ein Vertriebsprozess digitalisieren? Wo liegen heute die Grenzen digitaler Medien?

Es lohnt sich also, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen! Die Digitalität als Begriff und Zustand kann Dinge in Bewegung bringen und neue Chancen für Unternehmen eröffnen.

Photo by Alex Knight on Unsplash.

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